Der Rassestandard für Cairn Terrier- eine Interpretation- Teil 1

© Autorin: Katrin Sabisch

Die wichtigsten Merkmale des Cairn Terriers sind im Standard der FCI (Fédération Cynologique Internationale) festgeschrieben. Je nachdem, wie nahe das betreffende Exemplar dem Standard kommt, wird seine Ausstellungsbewertung "Vorzüglich", "Sehr gut", "Gut" oder schlechter lauten. Faktoren wie Tagesform, Handling (Vorführen durch den Besitzer) oder Trimming spielen außerdem eine Rolle.

Sind Standard- Kenntnisse für Liebhaber (Nichtzüchter) der Rasse wichtig?

Selbstverständlich. Überdenken Sie bitte folgendes Beispiel:
Das beim Cairn Terrier geforderte sehr freie Gangwerk bedingt eine optimales Zusammenspiel aller Knochen, Gelenke und Muskeln. Wenn diese perfekt harmonieren, wird sich ihre Abnutzung in Grenzen halten. Ein korrekt aufgebauter Cairn dürfte kaum von verfrühten Altersbeschwerden im Zusammenhang mit Knochen und Gelenken betroffen sein. Glücklicherweise sind Cairn Terrier insgesamt noch eine sehr urwüchsige und gesunde Rasse.

Trotzdem ein wichtiger Hinweis vorab: Bitte begeben Sie sich nach dem Lesen dieser Zeilen nicht auf die Suche nach dem perfekten Hund. Den kann Ihnen kein Züchter garantieren. Ich möchte Ihnen lediglich zwischen den Zeilen des Standardtextes meine Gedanken zur Rasse mitteilen. So können Sie Ihren Blick für schöne Rassevertreter schärfen. Dies hilft schon beim Welpenkauf und spätestens dann, wenn der eigene Hund für eine eventuelle Ausstellungskarriere beurteilt werden soll.

FCI- Rassestandard

Quelle: Übersetzung von Elke Peper (fett gedruckt):

Anmerkungen: Katrin Sabisch

Allgemeines Erscheinungsbild:

Flink, aufmerksam, arbeitsfreudig und urwüchsig in seinem Erscheinungsbild. Auf den Vorderpfoten gut nach vorne stehend. Vor- und Hinterhand kraftvoll, tiefer Brustkorb, sehr freier Bewegungsablauf, wetterfestes Haarkleid.

Verhalten/Charakter (Wesen):

Er soll einen aktiven, mutigen und robusten Eindruck machen. Furchtlos und fröhlich, sehr selbstsicher, jedoch nicht aggressiv.

Anmerkung:

Cairn Terrier sind ideale Hunde für jede Altersstufe, sofern sie gefordert, beschäftigt und liebevoll- konsequent erzogen werden. Die fröhlichen kleinen Energiebündel begleiten Sie ausdauernd zu Spaziergängen. Nach der "großen Runde" erleben Sie einen verschmusten Sofahund. Eine wünschenswerte Kombination- und eine Herausforderung.

Kopf:

Klein, jedoch im richtigen Verhältnis zum Körper stehend, Kopf gut behaart

Anmerkung:

Achten Sie auf den cairn- typischen Gesichtsausdruck. Manche Autoren sprechen von "fuchsig". Das trifft es nicht wirklich. Sehen Sie selbst.

Oberkopf:

Schädel: Breit, mit einer deutlichen Einsenkung zwischen den Augen.

Stop: Deutlich

Anmerkung:

Wichtig ist ein nicht zu langes Vorgesicht und ein guter Stop (Stirnabsatz zwischen den Augen). Fehlt beides, hat der Cairn Terrier Ähnlichkeit mit einem Scottish Terrier. Das ist als Fehler zu werten.

Das andere Extrem wäre der runde Apfelkopf eines Kleinhundes, mit zu stark ausgeprägtem Stop und deutlich zu zartem Fang. Darin verstecken sich manchmal noch genügend Zähne. Zu jagdlichen Zwecken sind diese aber zu klein. Der Kiefer solcher Hunde ist zu kurz und zu schwach. Bedenken Sie, dass der Cairn sich naturgemäß gegen größere Wildtiere wie Fuchs und Dachs durchzusetzen hatte. Betrachten Sie einmal historische Cairn Terrier- Fotos. Hier wird recht schnell klar, was die Schöpfer unserer Rasse mit "deutlichem Stop" meinten.

Gesichtsschädel:

Nasenschwamm : Schwarz

Fang: Kräftig

Kiefer/Zähne: große Zähne, Kiefer kräftig, aber nicht lang oder schwer, mit einem perfekten, regelmäßigen und vollständigen Scherengebiss, wobei die obere Schneidezahnreihe ohne Zwischenraum über die untere greift und die Zähne senkrecht im Kiefer stehen

Anmerkung:

Zum vollständigen Gebiss des Hundes gehören 42 Zähne. Nun wäre es vermessen, nur noch vollzahnige Cairn Terrier zur Zucht einsetzen zu wollen. Damit würde man die genetische Zuchtbasis unnötig einengen. Zumal Zahnfehler auch bei wilden Caniden beobachtet wurden. Die Zuchtpraxis hat erwiesen, dass viele Cairn Terrier Prämolarverluste haben. Selbst Incisivi- Verluste kommen vor.

Wichtig ist meines Erachtens nach, dass die Funktionalität des Gebisses erhalten bleibt. Der Klub für Terrier e.V. hat eine vernünftige Regelung damit getroffen, bis zu 5 Zahnverluste bei einen Zuchthund zu tolerieren. Allerdings muss es sich um ein vorzügliches und demnach für die Zucht wertvolles Tier handeln. Weiter wird vorausgesetzt, dass es sich bei den fehlenden Zähnen nicht ausschließlich um die größten Prämolare (P3/P4) handelt. Mit bis zu 4 Prämolarverlusten kann ein Cairn Terrier noch auf einer Ausstellung gewinnen.

Zahnschema:

I- Incisivi (Schneidezähne)

P- Prämolare (vordere Backenzähne)

M- Molare (hintere Backenzähne)

C- Canini (Fangzähne)

Scherengebiss:

Zangengebiss:

Vorbiss:

Rückbiss:

Augen: Weit voneinander angeordnet, mittelgroß, dunkel- haselnussbraun, etwas tief liegend mit struppigen Augenbrauen.

Anmerkung:

Das oft erwünschte fast schwarze Auge bringt ebenso wenig den typischen Cairn- Ausdruck, wie bernstein- gelbe Augen.

Ohren: Klein, spitz, aufrecht stehend und gut getragen, weder zu eng stehend, noch zu stark behaart.

Hals: Gut aufgesetzt, nicht kurz

Anmerkung:

Hin und wieder sind lange, aber kraftlos dünne Hälse zu finden. Diese ragen wie ein angesetztes Stöckchen aus der Schulterpartie hervor. Ihnen fehlt die richtige Bemuskelung und ein akzeptabler Aufsatz. Die Außenlinien des Cairns sehen dann sehr uneben aus. Wesentlich öfter sieht man zu kurze Hälse, meist resultierend aus einer steilen Schulterlage (siehe Abbildung zur Schulter S.4). Wie soll ein solcher Cairn Terrier arbeiten, z.B. ein sich wehrendes Wild am Boden halten? Denken Sie an die Hebelgesetze, dann wird die Forderung nach Halslänge klar. Wie immer beim Cairn ist auch hier "Medium", respektive Mittelmaß, gefragt.

Körper:

Rücken: Gerade, von mittlerer Länge.

Anmerkung:

Die Proportionen sind überaus wichtig für das korrekte Erscheinungsbild. Der Cairn Terrier sollte nicht zu kurz sein, um sich deutlich vom West- Highland- White- Terrier abzugrenzen. Kommen zum kompakten Körper noch niedrige Läufe, ist es ein Norwich- Terrier- Typ, der ebenfalls nicht erwünscht ist.

Noch häufiger sieht man zu lange, tief stehende Exemplare. Diese erinnern deutlich an ihre Skye- Terrier- Vettern. Es muss wohl nicht betont werden, dass auch dies untypisch ist. Hinzu kommt, dass bei zu langem Rücken die Sehnen und Muskeln die Arbeit der Knochen zum Teil mit übernehmen müssen. Dies wirkt ermüdend und bringt eine geringere Leistungsfähigkeit der betroffenenen Tiere mit sich.

Ein Cairn- Terrier sollte wesentlich eleganter und leichter wirken als die vorgenannten Rassen. Man hüte sich im anderen Extrem vor körperlosen "Windhundtypen". Auch Hochbeinigkeit ist nicht gemeint. Wiederum ist "Medium" das passende Wort. Ein in sich geschlossener Körper, mit guter, aber nicht übertriebener Beinhöhe, kommt dem Ideal am nächsten. Die Cairn Terrier sollten nicht zu groß werden. Gute Proportionen und korrekte Größe müssen das Ziel sein.

Lende: Kräftig, geschmeidig.

Brust: Gut gewölbte, weit zurückreichende Rippen.

Anmerkung:

Der Brustkorb eines Cairn Terriers muss zwischen den Vorderbeinen gelagert sein. Er darf nicht auf ihnen ruhen. Zu eng angedrückte Ellenbogen sind demnach genauso ein Fehler, wie lose Ellenbogen . Die Brusttiefe sollte gut entwickelt sein. Cairns mit unzureichender Brusttiefe sieht man häufiger. Sie haben meist einen zu breiten Brustkorb der ihnen eine bullige, untypische Front verleiht. Manchmal kommen noch ausgedrehte Ellenbogen hinzu. Solche Hunde laufen dann meist zeheneng, um die Balance zu halten. Dabei muss deutlich unterschieden werden: Ein leichtes Zusammenstreben der Vorderbeine im freien Lauf ist normal. Die Hunde versuchen eine effektive Lauflinie zu finden, so wie es bei Wildtieren auch üblich ist. Fehlerhaft ist der zu breite oder zu pfotenenge, z.T. kreuzende Gang.

Rute: Kurz, zum Körper passend, gut behaart, aber nicht befedert, weder zu hoch noch zu niedrig angesetzt, fröhlich, aber nicht über den Rücken gezogen getragen

Anmerkung:

Der korrekte Rutenansatz ist derzeit ein großes Problem. Nicht nur beim Cairn Terrier. Cairns haben nur äußerst selten einen zu hohen Rutensitz. Zu tief angesetzte Ruten sieht man hingegen häufig. Diese resultieren aus zu kurzen und steil gelagerten Becken.

In der Regel sieht man dann folgende Mängel:

Abbildung 1 (zeigt die korrekte Lage des Beckens bei einem Cairn Terrier. Die meisten Autoren in der Fachliteratur messen die Lage des Beckens an einer gedachten waagerechten Linie, die durch den Sitzbeinhöcker und das Hüftgelenk verläuft. Im Bild ist diese Variante gelb eingezeichnet. Etwas einfacher ist es in der Praxis, wenn man den Winkel vom Sitzbeinhöcker zu einer gedachten Linie (Rückenoberlinie) misst. Das kann man gut ertasten. Diese Variante ist durch den grünen Winkel gekennzeichnet. Bei dieser Gelegenheit erfühlt man auch gleich die Länge des Hüftbeins. Dazu sucht man den Anfangspunkt auf dem Rücken, kurz vor dem Rutenansatz und den Endpunkt bzw. Sitzbeinhöcker unter dem Rutenansatz.

Für das geforderte sehr fließende Gangwerk sollte das Becken nicht wesentlich steiler als 30° liegen. Dies ermöglicht raumgreifende Schritte, den richtigen Schub und den daraus resultierenden korrekten Rutensitz. Eine gute Kniewinkelung gehört zu den weiteren Voraussetzungen des einwandfreien Gangwerks.

In Abbildung 2 hat der Cairn Terrier ein zu steil liegendes und zu kurzes Becken. Bei etwa gleicher Kniewinkelung wie in Abbildung1 ist der Oberschenkel deutlich mehr zur Körpermitte gerichtet. Dieser Hund kann mit seiner Hinterhand nicht weit genug nach hinten ausgreifen. Die Bewegung besteht aus uneffektiven kurzen Schritten und ist deutlich kraftaufwändiger. Der Großteil der Bewegung läuft unter dem Körper ab. Der Rutensitz liegt entsprechend zu tief. Eine sogenannte Bananenrute kommt hinzu. Wenn dann zusätzlich die Kniewinkelung schwach ausgeprägt ist, zeigen diese Cairns eine steife, stelzige Bewegung.